Die Faszination der Lost Distilleries: Vergessene Schätze der Whiskywelt
In den sanften Hügeln Schottlands, den grünen Tälern Irlands und den weiten Ebenen der USA schlummert ein Teil der Spirituosengeschichte, der fast in Vergessenheit geraten ist: die Lost Distilleries — verlorene Brennereien. Diese stillgelegten, oft längst abgerissenen oder zu Ruinen verfallenen Destillerien erzählen Geschichten von Blütezeiten, Krisen, Prohibition und globalen Märkten. In diesem Blogbeitrag tauchen wir in die faszinierende Welt der Lost Distilleries ein und beleuchten, warum sie bis heute Whisky-Liebhaber auf der ganzen Welt in ihren Bann ziehen.
Was sind Lost Distilleries?
Lost Distilleries sind Brennereien, die dauerhaft geschlossen wurden. Die Gründe dafür sind vielfältig: wirtschaftliche Krisen, Überproduktion, Steuerpolitik, technische Rückständigkeit oder gesellschaftliche Umbrüche wie die Prohibition in den USA (1920–1933).
Viele dieser Destillerien sind heute nur noch durch alte Fotos, Überlieferungen, erhaltene Flaschen und manchmal Ruinen bekannt. Doch ihre Namen leben weiter in Sammlerkreisen, bei Auktionen und in Geschichten von Enthusiasten.
Bekannte Lost Distilleries und ihre Geschichten
1. Port Ellen (Schottland, Islay)
Port Ellen ist vielleicht die bekannteste Lost Distillery der Welt. Gegründet 1825, geschlossen 1983. Ihr rauchiger Islay-Whisky ist heute ein begehrtes Sammlerobjekt. Aufgrund der enormen Nachfrage wird Port Ellen derzeit von Diageo wieder aufgebaut — eine Lost Distillery, die eine zweite Chance bekommt.
2. Brora (Schottland, Highlands)
Brora wurde 1819 gegründet und ebenfalls 1983 geschlossen. Besonders berühmt sind ihre Abfüllungen aus den 1970er-Jahren, die heute astronomische Preise erzielen. 2021 wurde Brora nach jahrzehntelangem Dornröschenschlaf wiedereröffnet.
3. Rosebank (Schottland, Lowlands)
Rosebank war bekannt für seinen eleganten, floralen Lowland-Stil. 1993 geschlossen, werden alte Abfüllungen heute zu Spitzenpreisen gehandelt. Doch auch hier gibt es Hoffnung:
Seit 2017 arbeitet Ian Macleod Distillers an der aufwendigen Restaurierung und Wiedereröffnung der Brennerei. Mit viel Liebe zum Detail wurden alte Produktionsmethoden rekonstruiert, historische Ausrüstung nachgebaut und moderne Technik behutsam integriert. Seit 2023 ist die Produktion offiziell wieder aufgenommen, erste neue Abfüllungen sind mit großer Spannung erwartet. Rosebank kehrt damit als „Königin der Lowlands“ auf die Whiskykarte zurück.
.
4. Stitzel-Weller (USA, Kentucky)
Die Heimat des legendären Pappy Van Winkle. Zwar gibt es heute wieder Aktivitäten auf dem Gelände, aber die originale Destillation wurde 1992 eingestellt.
Warum faszinieren uns Lost Distilleries?
-
Rarität: Abfüllungen aus Lost Distilleries sind limitiert. Was abgefüllt wurde, ist oft das letzte, was je von dieser Destille existiert.
-
Geschichte: Jede Lost Distillery erzählt eine Geschichte von Menschen, Orten und Zeiten.
-
Geschmack: Alte Produktionsmethoden, besondere Wasserquellen, historische Gersten- oder Hefesorten verleihen den Whiskys eine Einzigartigkeit, die heute nur schwer reproduzierbar ist.
-
Investition: Für Sammler sind diese Flaschen oft eine wertsteigernde Anlage.
Revival: Der Trend zur Wiederbelebung
In den letzten Jahren hat der Boom am Whiskymarkt dazu geführt, dass einige Lost Distilleries ein zweites Leben bekommen. Neue Investoren, moderne Technik und alter Geist schaffen die Möglichkeit, vergessene Namen wieder aufleben zu lassen.
Neben Port Ellen, Brora und Rosebank gibt es auch Projekte wie die Lost Distillery Company, die anhand historischer Daten und Rezepturen den Geschmack längst geschlossener Brennereien rekonstruieren will.
Fazit
Lost Distilleries sind mehr als nur Geister der Vergangenheit. Sie stehen für die wechselhafte Geschichte der Spirituosenwelt, für Handwerkskunst, die oft ihrer Zeit voraus oder zum Opfer von Krisen wurde. Sie erinnern uns daran, dass jede Flasche Whisky ein kleines Stück Geschichte in sich trägt.
Ob als Sammlerstück, Investition oder schlicht zur Verkostung: Whiskys aus Lost Distilleries sind Zeugnisse einer vergangenen Ära — und sie werden auch in Zukunft ihre Faszination behalten.
Tipp für Liebhaber:
Wer sich für Lost Distilleries interessiert, sollte regelmäßig Auktionen verfolgen und Literatur wie „Scotch Missed“ von Brian Townsend studieren, das
sich intensiv mit den verlorenen schottischen Brennereien beschäftigt.